Gemeinderat gibt grünes Licht für sechsmonatigen Verkehrsversuch in der Eltinger- und Brennerstraße
Gleichberechtigung von Fahrrädern und Autos, mehr Aufenthaltsqualität im Zentrum und eine nachhaltige Mobilitäts-Strategie. Diese Ziele der "Stadt für Morgen" lassen sich nicht in wenigen Wochen umsetzen. Erst recht nicht ohne eine detaillierte Planung. Deshalb hat der Gemeinderat auf dem Weg zu einem lebenswerteren Leonberg nun eine weitreichende Entscheidung gefällt: Sowohl in der Brenner-, als auch in der Eltinger Straße wird in Kürze für ein halbes Jahr eine Umweltspur eingerichtet. Mit ihr testet die Stadtverwaltung, wie sich eine deutliche Reduktion von Fahrstreifen für Autos auf den Verkehr auswirkt.
Zwischen der Alten Post und dem Neuköllner Platz verläuft die Umweltspur in der Eltinger Straße. | © Stadtverwaltung Leonberg
Rund 20.000 Autos fahren täglich durch die Eltinger Straße. Kurzfristig eine Umweltspur einrichten und den Verkehr auf zwei Spuren reduzieren? "Das wäre nicht verantwortlich", sagt Stephan Kerner. Der Leiter des Referats für innovative Mobilität glaubt dennoch fest daran, dass der vorhandene Straßenraum besser aufgeteilt und Angebote für Bus- und Radverkehr geschaffen werden können. "Aber solch ein Eingriff in die Infrastruktur setzt eine intensive Planung voraus", sagt Kerner. Deshalb testet die Stadtverwaltung in einem Verkehrsversuch von April bis Oktober, wie verträglich eine Umweltspur in der Realität ist.
Bei einer virtuellen Simulation wurde dieser Test bereits positiv abgeschlossen. In den vergangenen Monaten analysierte Kerners vierköpfiges Team auf der Basis von Verkehrszählungen aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 in einer sogenannten Verkehrssimulation, wie groß die Auswirkungen sein könnten. Wie bei Verkehrsuntersuchungen üblich, wird dabei die maßgebende Spitzenstunde an einem Werktag betrachtet und simuliert. In der Brennerstraße und der Eltinger Straße ist die Spitzenstunde zwischen 16 und 18 Uhr, wenn sich Berufs- und Freizeitverkehr überlagern. In der Brennerstraße verändert sich der Rückstau unwesentlich. In der Eltinger Straße kommt es nur zu Stoßzeiten zu größeren Staus.
Keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf den Verkehrsfluss
"Die Ergebnisse sind recht eindeutig. Zwar wird es kurzzeitig ein wenig mehr Stau in der Eltinger Straße geben, aber längst nicht so drastisch, wie einige vielleicht glauben", sagt Kerner. Verzögerungen gibt es nur in der Nachmittagsspitze. An allen anderen Tages- und Nachtzeiten rechnet das Referat für innovative Mobilität mit gleichbleibender Verkehrsqualität. Bezogen auf die freien Streckenabschnitte, seien die Straßen momentan ohnehin deutlich überdimensioniert. Fahrstreifen für Autofahrer zu streichen, sei aus Kerners Sicht also machbar.
Aber was passiert, wenn der Engelbergtunnel gesperrt ist und sich die Autos durch Leonberg drängeln? "Dieses Szenario ist ein Sonderfall, der nur selten eintritt. Wenn es dazu kommt, sind die Straßen Leonbergs natürlich überlastet. Das ist aber auch schon heute ohne Umweltspur der Fall", erklärt Stephan Kerner. Die Straßen auf solche Sonderfälle auszulegen, würde dazu führen, "dass wir eine Autobahn durch unsere Stadt bauen müssten. Das kann nicht das Ziel der Leonberger Stadtentwicklung sein."
Provisorische Verkehrsführung ohne größere Baumaßnahmen
Kerner überzeugte den Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung am Dienstag, 5. April, von seinem Plan. Die Erkenntnisse der Verkehrssimulation werden voraussichtlich von April bis Oktober, in jedem Fall aber sechs Monate, in die Tat umgesetzt. Wichtig: Alle Maßnahmen sind provisorisch und ohne größere Baumaßnahmen realisierbar. Falls es doch zu großen Problemen kommen sollte, könnte die Verwaltung schnell reagieren und den Verkehrsversuch in Teilen zurückbauen. "Diese Flexibilität war uns allen sehr wichtig“, sagt Kerner. Im Herbst dieses Jahres soll der Versuch abgeschlossen sein und die gewonnenen Erkenntnisse direkt in den weiteren Planungsprozess einfließen.
Aufenthaltsqualität in Leonberg mit der "Stadt für Morgen" erhöhen
"Nach dem positiven Beschluss im Gemeinderat, kann die Stadtverwaltung nun die Umsetzung angehen", sagt Oberbürgermeister Martin Georg Cohn. Der Verkehrsversuch sei eine sehr wichtige Säule hin zu Leonbergs angestrebter "Stadt für Morgen". "Wir wollen im Wesentlichen die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöhen und alle Verkehrsteilnehmerinnen sowie Verkehrsteilnehmer gleich gewichten. Heute wird dem Auto in Leonberg zu viel Platz eingeräumt. Busse, Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger haben häufig das Nachsehen. Das soll sich mit der 'Stadt für Morgen' ändern", sagt Cohn.
Die Stadt strebt an die notwendigen Beschilderungs- und Markierungsarbeiten bis Ende April umzusetzen. Das hängt jedoch von äußeren Einflüssen, wie Witterung oder Lieferzeiten von Material ab. Durchgezogene Linien zeigen an, wo die Umweltspur beginnt und wo sie endet. Nur in der Brennerstraße 29 bis 35 wird die Linie gestrichelt. Die Umweltspur ist grundsätzlich nur für Bus- und Radverkehr vorgesehen. Autos können weiterhin auf den inneren Fahrstreifen fahren, alle Abbiegungen an Kreuzungen werden aufrechterhalten. Um angrenzende Grundstückszufahrten oder Parkplätze zu erreichen, darf die Umweltspur auch von Autos überfahren werden. Im Anschluss an die Testphase wird der Verkehrsversuch in Form einer Wirkungsanalyse ausgewertet. Dann werden Entwürfe für die Umsetzung geplant und Förderanträge finalisiert.