Ein Wochenende voller kreativer Ideen für die "Stadt für Morgen"
Die Bürgerbeteiligung für die "Stadt für Morgen" ging am vergangenen Wochenende, Freitag, 16. September und Samstag, 17. September, in die nächste Runde – und wie. Beim Vortragsabend am Freitag hörten interessierte Bürgerinnen und Bürger gelungene Beispiele von anderen Städten. Am Samstag wurden Ideen und Wünsche in einem Workshop zu Papier gebracht. Das Bürgerbeteiligungsformat stieß auf große Resonanz.
Aktive Bürgerbeteiligung
Die engagierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops diskutierten kontrovers und brachten viele interessante Fragestellungen ein. Dabei legten sie die Finger in die Wunde und forderten beispielsweise breitere Fahrradwege auf Hauptverkehrsachsen, das Zusammenwachsen der Alt- und Innenstadt durch Grünanlagen sowie Gastronomie und attraktive Orte für Begegnungen. "Heute ist der Tag an dem wir alle frei denken, unsere Wünsche und Ideen festhalten. Ob wir diese Möglichkeit tatsächlich realisieren können, kann Ihnen heute noch keiner sagen. Das wollen wir aber auch gar nicht. Ihre Ideen helfen uns, die Wünsche der Bürgerschaft zu erkennen. Diese dann in umsetzbare Planungen zu überführen, wird der nächste Schritt", sagte der Leiter des Referats für innovative Mobilität, Stephan Kerner, an einem der insgesamt 13 Planungstische am vergangenen Samstag.
Perspektivenwerkstatt in der Stadthalle
Bei der Perspektivenwerkstatt von 11 bis 17 Uhr in der Stadthalle, hatten alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit an der "Stadt für Morgen" mitzuwirken, ihre Gedanken, Träume, Wünsche, aber auch Probleme einzubringen.
Zu Beginn der Veranstaltung wurde im Plenum das Augenmerk auf die Stärken der Stadt gelegt. Wo steht Leonberg heute? Und welche Probleme muss die Stadt in den nächsten Jahren bewältigen? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schrieben ihre Gedanken auf gelbe Zettel, die anschließend vorgelesen und auf großen Plakaten an der Wand der Stadthalle geklebt wurden. "Jetzt gehen Sie einmal in sich, fliegen gedanklich mit einem Heißluftballon über Leonberg und stellen sich die Stadt der Zukunft vor", sagt Andreas von Zadow vor dem Plenum. Der Kommunikationswissenschaftler vom Planungsbüro VON ZADOW INTERNATIONAL wurde von der Stadtverwaltung Leonberg beauftragt den Bürgerbeteiligungsprozess zu begleiten. Nach 30 Sekunden voller stiller Gedanken sprudelten die Visionen der Beteiligten von ganz allein.
Anschließend ging es in kleinen Gruppen an den Planungstischen ins Detail. In kleinen Gruppen wurden verschiedene Schwerpunkte gelegt, darunter etwa: Mobilitätsvision Leonberg, Zusammenwachsen der Stadtzentren, Wirtschaft und Einzelhandel im Zentrum, Zukunft der breiten Verkehrsschneisen sowie Stadtplätze und Stadtgrün. Hier hatten die Bürgerinnen und Bürger genug Zeit sich den Themen der Zukunft zu widmen, eigene Erfahrungen aus Leonberg mit einzubringen und die Gedanken auf Papier zu bringen.
Vortragsabend mit viel Inspiration
Einen Abend vorher bekamen viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Perspektivenwerkstatt Einblicke in die Umgestaltung dreier Städte, die als gelungene Beispiele dienen. Nach der Begrüßung des Oberbürgermeisters machte Rolf Messerschmidt, Architekt und Stadtplaner aus Tübingen, den Anfang. Er referierte in seiner Präsentation "Mobilität als Teil der Gesamtaufgabe" über Mobilität und die integrierte Stadtraumgestaltung. Letztere, betonte Messerschmidt, bestehe aus parallellaufenden Elementen, die integriert werden müssen: Neben Mobilität gehören zu diesen Elementen der Städtebau, die Freiraumgestaltung und die blau-grüne Infrastruktur. Soll heißen: wie geht eine Stadt mit Klimawandel und Starkregenereignissen um?
Entwicklungen bis 2030
Der Stadtplaner stellte die Entwicklungen vor, die bis 2030 zu erwarten sind. "Jeder zweite Weg soll selbstaktiv zu Fuß oder mit dem Rad stattfinden", sagte er. Dafür müssten sichere Räume geschaffen werden. Über Begrünungen und Wasserelemente könne man das Stadtklima positiv beeinflussen, Versickerungselemente sorgen dafür, dass die Stadt Starkregenereignisse bewältigen kann. Messerschmidt betonte auch die Interaktion zwischen Architektur und öffentlichem Raum – wie sie mit dem neuen BOSCH-Areal in der Poststraße derzeit angestrebt und umgesetzt wird. Andere Beispiele aus der ganzen Welt präsentierte Rolf Messerschmidt, "von denen man sich einfach mal inspirieren lassen kann." Zum Schluss betonte er, dass die Innenstadt während der Baustellen durchgehend erreichbar sein müsse. Sein Vortrag und die der anderen Redner, konnten Live auf der Webseite der Stadtverwaltung verfolgt werden.
Das Video steht allen Bürgerinnen und Bürgern hier zur Verfügung:
Wie eine Innenstadt trotz Umbau erreicht werden kann, war auch beim Vortrag von Dirk Vahrson über Bielefeld Thema. Er ist stellvertretender Amtsleiter im Amt für Verkehr der Stadt Bielefeld und per Videokonferenz in die Stadthalle geschaltet. Ein Jahr Planung, zwei Jahre Bauen – das war der Zeitrahmen des Projekts. "Unsere Intention war, noch mehr Verkehr aus dem Innstadtbereich zu verlagern", so Vahrson. Anlass dafür waren die dauerhaft hohen Stickoxidwerte am Bielefelder Jahnplatz, sodass im Jahr 2018 ein Fahrverbot drohte. Die "Mobilitätsstrategie Bielefeld 2030" sah am Jahnplatz mehr Raum für alle Verkehrsteilnehmenden vor, mit einer klugen Busverknüpfung und einem schönen Aufenthaltsort.
Transparente Kommunikation als Schlüssel
Eine transparente Kommunikation mit der Bürgerschaft sorgte vor und während des Prozesses für hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Im Zeitraffervideo zeigte Vahrson die Umbaumaßnahmen: In einzelnen Abschnitten wurde gebaut, sodass die Geschäfte am Platz jederzeit zugänglich waren. Außerdem wurden die Bushaltestellendächer begrünt und durchgehende Radwege führen Fahrradfahrende nun sicher über den Platz. Fußgängerinnen und Fußgänger bekamen mehr Raum, optisch wurde der Platz über Beleuchtungsakzente und ein hochwertiges Pflaster aufgewertet.
Baubürgermeister Julius Mihm aus Schwäbisch Gmünd stellte daraufhin das neue Verkehrskonzept seiner Heimatstadt vor. Im Zuge der Landes- und der Remstalgartenschau 2014 beziehungsweise 2019 stand der Anspruch "lebenswerte Innenstadt" im Fokus. Wichtig war es, die Grünverbindung zu stärken. Daraufhin wurden die Alt- und die Weststadt gestalterisch und funktional "vernäht", wie Mihm es in seinem Vortrag nannte. In der Innenstadt und am Bahnhof sorgt eine neue Straßenführung mit Kreiseln und einer grünen Mittelinsel dafür, dass der Verkehr gleichmäßiger fließt. Auch in Schwäbisch Gmünd wurden die Bürgerinnen und Bürger eng in den Prozess einbezogen. Jeden Samstag konnten sie beim Stammtisch ihre Fragen und Anliegen direkt bei der Verwaltungsspitze vortragen.
Am Montag, 19. September, traf sich das gesamte Planungsteam im Rathaus am Belforter Platz. Gemeinsam ließ man das spannende, ereignisreiche Wochenende Revue passieren und strukturierte die vielen kreativen Ideen. Und das Team um Stephan Kerner und Andreas von Zadow blickt weiter nach vorn. Denn der nächste Bürgerbeteiligungstermin steht schon wieder in den Startlöchern. Am 15. November haben die Bürgerinnen und Bürger erneut die Gelegenheit auf den Planungsprozess "Stadt für Morgen" direkt Einfluss zu nehmen und erste Ergebnisse, die während der Planungswerkstatt entstanden sind, zu sehen.