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07.02.2023

In ihrem Keller stieg die erste Pferdemarkt-Party – Evelyne Abele erinnert sich

Seit jeher wird an den fünf Tagen Ausnahmezustand beim Pferdemarkt im Februar gefeiert. Angestoßen wird am Festplatz und in der Altstadt. Die echten Partys steigen aber in den Kellern. 

Evelyne Abele mit Zeitungsausschnitten zu den Kellerpartys an ihrem Esstisch.

Evelyne Abele mit Zeitungsausschnitten zu den Kellerpartys an ihrem Esstisch.  | © Sebastian Küster

 

Kellerpartys als Leonberger Tradition

Zum Lachen in den Keller gehen. Dieses Sprichwort steht eigentlich für den typischen Griesgram, Spielverderber, oder schlechte Laune. In Leonberg verbinden die Menschen den Satz mit dem Gegenteil. Denn hier zieht man jährlich am zweiten Dienstag im Februar tatsächlich in den Keller – zum Tanzen, Feiern und Lachen.

Denn beim Pferdemarkt dreht sich viel ums Pferd, aber längst nicht alles. Beim Stadtfest wird auch gern getrunken und das Tanzbein geschwungen. Traditionell öffnen Wirtinnen und Wirte dafür einige Keller in der Altstadt. Aber warum eigentlich?

Der Brauch geht, so viel ist klar, auf die 1950er-Jahre zurück. Damals betrieben Rudolf und Gertrud Abele eine Metzgerei, zuvor das Gasthaus "Schwanen". Seit jeher kehrten hier die Pferdehändler aus Nah und Fern ein. Im Gasthaus mit kleiner Metzgerei hatte die Familie immer ausreichend Platz. Mit neuer Geschäftsstrategie und groß ausgebauter Metzgerei im Erdgeschoss am Marktplatz wurde es eng – zu eng wie sich herausstellte.

1957 verlagerten die Männer ihr Beisammensein notgedrungen und ziemlich spontan noch ins Wohnzimmer. Daran kann sich Evelyne Abele, die Tochter von Gertrud und Rudolf heute noch recht gut erinnern: "Irgendwo mussten die Pferdehändler doch hin. Es war damals schon eine Tradition, zu uns zu kommen und das gute Siedfleisch mit kräftiger Brühe zu essen. Natürlich gehörte der Wein – bis zuletzt ausschließlich aus Dürrenzimmern - auch dazu. Bier gab es bei uns nie", sagt die 66-Jährige.

Die Feier artete aus. Und die Händler hinterließen ein Schlachtfeld. Das ließ sich Getrud Abele nicht lang gefallen. Schon ein Jahr später sprach sie ein Machtwort und verfrachtete die feierwütigen Männer in den Keller. "Es standen ein paar Bänke und leere Weinfässer herum. Das hat aber gereicht. Die etwas ungewöhnliche Atmosphäre kam sofort sehr gut an", so Evelyne Abele. Dabei blieb es.

Die Idee sprach sich unter Leonbergerinnen und Leonbergern schnell herum. Schon wenige Jahre später sprangen andere Gastronomen rund um den Marktplatz auf den Kellerparty-Zug auf. In den 1970er-Jahren etwa öffnete der Burkhardts-Keller und später der Keller der Metzgerei Ruff und Familie Schmauder. Die Abeles blieben trotzdem das Original. In Hochzeiten bildete sich eine meterlange Schlange in der Hinteren Straße, teilweise bis zur Graf-Eberhard-Straße. "Die anderen haben das Potenzial der Kellerpartys schnell erkannt. Dass aus unserer Idee schließlich eine Leonberger Tradition wurde, ist doch etwas Tolles. Bis zum Schluss war es aber ein Muss bei den Abeles früh morgens zu starten und ganz spät abends den Pferdemarkt auch zu beenden", schwelgt Evelyne Abele in Erinnerungen.

Obwohl der erste Keller seit dem Tod von Vater Rudolf, Bruder Helmut und später Mutter Gertrud Abele nicht mehr öffnet, wird die Tradition auch im Jahr 2023 fortgesetzt. Neben dem Domizil auf dem Marktplatz, wird es auch etwa auch in Arda's Grand Cru, dem Gasthaus Sonne und dem Kleinfelder Keller eine Kellerparty geben. Mittlerweile müssen die Besucherinnen und Besucher des Pferdemarkts aber nicht mehr nur zum Lachen in den Keller gehen. Auch oberirdisch ist in Sachen Feiern viel geboten. Auch die Feuerwehr lädt in der Feuerwache am Pferdemarkt-Dienstag zwischen 11 und 22 Uhr zur Hocketse ein. Alle weiteren Partys, Veranstaltungen, Öffnungszeiten und Eintrittspreise finden Interessierte auf der Webseite www.leonberger-pferdemarkt.de.